Treffen mit bildungspolitischen Sprechern der Fraktionen: Kernthesen
Diese Zusammenfassung an Kernthesen haben die Verbände nach dem Treffen mit den bildungspolitischen Sprechern der Fraktionen zusammengestellt:
- Erhalt der SBBZn --> echte Wahlfreiheit der Eltern und Betroffenen und Erhalt der Fachlichkeit
Die Eltern sowie Kinder und Jugendlichen sollen sich grundsätzlich frei zwischen dem Bildungsangebot des zuständigen SBBZ und einem inklusiven Bildungsangebot entscheiden können. Dabei ist nicht allein die Wohnortnähe, sondern vor allem die Qualität des inklusiven Bildungsangebotes wesentlich. Hier erhebt sich die Frage, wie es gelingen kann, dass sich alle Schulen auf den Weg zur Inklusion machen, andererseits aber auch qualitativ hochwertige und spezifische Angebote an den allgemeinen Schulen bereitgestellt werden können. Dies gelingt vor allem dann, wenn sich Sonderschullehrkräfte und Regelschullehrkräfte über mehrere Jahre gemeinsam auf den Weg machen, ihre Fachlichkeit austauschen und sich in diesem neuen Aufgabenfeld weiterqualifizieren. Dabei ist der Bezug zu den jeweiligen Förderschwerpunkten unter Einbezug der fachlichen Expertise unabdingbar. Eine engere Verzahnung der Systeme (SBBZ und Inklusion) auch auf der Ebene des Verwaltungshandelns sichert eine erfolgreiche Bildung junger Menschen mit Behinderung.
- Flexibilität im System erhalten --> individuelle Wege ermöglichen
Durch die regelmäßige erneute Lernortklärung wird der Bildungsanspruch der Kinder und Jugendlichen immer wieder neu in den Blick genommen. Besteht der Anspruch immer noch? Besteht ein anderer Anspruch? Ist der Lernort noch der richtige? Durch die Möglichkeit des Lernens an einem SBBZ, in kooperativen Organisationsformen oder in inklusiven Kontexten sind Durchlässigkeit und Passgenauigkeit im Bildungssystem möglich. Dies gilt es dringend zu erhalten, da die unterschiedlichen Formen der Beeinträchtigung bei unterschiedlichen Persönlichkeiten unterschiedliche Bildungsangebote erfordern. Während beispielweise in Gemeinschaftsschulen vielfach offene Lernformen angeboten werden, profitieren Kinder mit den Förderschwerpunkten Sprache, Hören, Sehen und Lernen vor allem von sehr strukturierten Angeboten (vgl. Grünke 2006, 2007, Hattie 2009).
- Subsidiarität der Sonderpädagogik sichern --> Verantwortung des Regelschulsystems stärken
Inklusion ist nicht in erster Linie Aufgabe der Sonderpädagogik, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es ist bedeutsam, dass das Regelschulsystem seinen Beitrag dazu leistet. Sonderpädagogik wird erst aktiv, wenn die Möglichkeiten der Regelschule ausgeschöpft sind. Dazu bedarf es klar geregelter Zuständigkeiten von Beratungslehrkräften an Regelschulen, von sonderpädagogischen Diensten, sowie Kriterien für die Einleitung einer Anspruchsfeststellung, um einen Anstieg der Fallzahlen oder eine Ausweitung der Zielgruppe im Bereich der Sonderpädagogik zu vermeiden. Es gilt Kooperationsvereinbarungen zu schließen und das Regelschulsystem im Ausbau von erforderlichen Kompetenzen zu stärken.
- Erhalt spezifischer Lehrerbildung --> Fachkompetenz, die den individuellen Bedürfnissen gerecht werden kann
Es ist dringend notwendig, dass der Fächerkanon der sonderpädagogischen Fachrichtungen in vollem Umfang erhalten bleibt. Nur so kann die Fachlichkeit gesichert und Kinder/Jugendliche mit allen Beeinträchtigungen kompetent unterstützt werden. Ein großes Problem stellt hierbei der Lehrermangel im Bereich der Sonderpädagogik dar, der durch das Bemühen einer flächendeckenden Versorgung mit Sonderpädagogen in Regelschulen (Verortung), verschärft wird. Neben einer Erhöhung der Studienzahlen und dem Bemühen durch frühzeitige schulscharfe Stellenausschreibungen die Lehrkräfte im Land zu halten, ist die Nachqualifizierung von Regelschullehrkräften ein möglicher Weg. Hierbei ist es wesentlich, die Qualität in der Ausbildung zu erhalten und nicht Sonderpädagogik ‚light‘ zu lehren.
Literatur:
- Grünke, M. (2006): Fördermethoden: Zur Effektivität von Fördermethoden bei Kindern und Jugendlichen mit Lernstörungen. Kindheit und Entwicklung, 15 (4), 239-254. Eine Synopse vorliegender Metaanalysen
- Grünke, M. (2007): Richtig fördern - aber wie? Verfügbar unter: http://www.google.de/search?q=Gr%C3%BCnke%3A+Richtig+f%C3%B6rdern-aber+wie%3F&ie=utf-8&oe=utf-8&aq=t&rls=org.mozilla:de:official&client=firefox-a [29.5.2017].
- Hattie, J. (2009): Visible learning: A synthesis of meta-analyses relating to achievement. London: Routledge.